Donnerstag, 8. Mai 2014

Frühsport der besonderen Art

Ich habe eine Freundin, die macht es abends. Dazu nimmt sie sogar eine Schere, was ich niemals könnte. Ich mache es lieber morgens, auf meine Weise. Den allerersten, aber wirklich den allerersten Frühsport meine ich. Sie werden es nicht glauben: ich trainiere Weitwurf! Ja, so wie damals in der Schule für das Sportabzeichen. Ich habe es gehasst. Dieses bleischwere Etwas habe ich trotz ausgefeilter Technik einfach nicht Richtung Horizont beschleunigen können. Immer sank das Teil wie ein nasser Sack in meiner Nähe auf den Boden.
Jetzt ist das ganz anders: ich bin begeistert von meinen Würfen, der Arm schwingt lässig, die Schulter rotiert und schwupps habe ich richtig weit geworfen. Sogar aus dem Stand. Und das ganz ohne Sportoutfit, denn ich mache das gleich nach dem Aufstehen, noch im Nachthemd, meistens sogar mit einer Tasse Tee in der anderen Hand.
Ich bin auch glücklicher als zu Schulzeiten, denn mein Weitwurf hat einen Sinn! Sinnlose Sachen habe ich nämlich schon immer abgelehnt. Aber hier geht es um das Thema Rettung. Denn man weiß ja, dass zuviel Vitamine schädlich sind. Deshalb rette ich jeden frühen Morgen mittels Weitwurf ca. 20 Kreaturen vor dem Vitamintod. Ich mache nämlich Schneckenweitwurf. Diese fiesen, schleimigen Viecher machen sich bei dem feuchten, Maiwetter über mein Gemüsebeet her. Das ist mein Gemüsebeet. Betonung auf "mein". Und sowas geht garnicht, überhaupt nicht. Deshalb schleiche ich ganz früh morgens raus und suche nach Schnecken. Sie schleimen über die neuen, zarten Rasenhälmchen, über die jungen Zucciniblätter, über meine Radieschen und vor allem über meine Salate. Von den zarten Kohlrabiblättern steht nichts mehr, nur magere Gerippe schaukeln traurig im Wind. Die Mistviecher sind teils winzig wie Reiskörner oder groß und fleischig wie ein Würstchen, manche haben ihr Haus dabei. Es gibt rote, braune, beige und gefleckte. Und ich will sie ALLE loswerden. Wer mich kennt, weiß, dass ich Tiere liebe, fasziniert bin von allem was kreucht und fleucht. Aber Schnecken in meinem Gemüsebeet brauche ich nicht. Allerdings führt meine Tierliebe eben dazu, dass ich sie weder ertränke, noch zerschneide, noch mit Salz bestreue, sondern einsammle und so weit wie möglich auf eine Wiese werfe. Da sollten sie genug zu fressen finden, aber weit genug weg sein von meinem Salat. 
Heute morgen habe ich also wieder was für mein Karma getan, es waren ca. 20 Schnecken, die ich "gerettet" habe. Und so lautet nun jeden Morgen meine Mission: Schneckenweitwurf. Wenn Sie mich sehen könnten, hätten sie Ihren Spaß! Gefleckte Schnecken, gepunktetes Nachthemd, Bett-verwuschelte Haarmähne und entschlossener Blick. Hinterher habe ich immer super klebrige Finger, weil der mistige Schleim nicht abgeht. Ich sehe Ihren entsetzten Blick... naja, jedem das seine und Ihnen einen schönen Tag.


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