Sonntag, 13. Oktober 2013

Erstens kommt es anders...

... und zweitens als man denkt.

Die wahren Geschichten schreibt das Leben selbst!
Und hoffentlich glauben Sie mir meine Geschichte vom letzten Wochenende, die einmal mehr zeigt, dass die Welt wunderbar ist und "tolle Kerle" da draußen herumlaufen.
Und das es sie noch gibt, die überraschenden Erlebnisse.

Ich erinnere mich an meine Studienzeit im schweizerischen Genf. Manches Mal stand ich mit leerem Magen und leerem Geldbeutel vor überquellenden Schaufenstern und tagträumte, wie es wohl wäre, wenn ein "knight in his shining armour "vorbeikäme. Nicht nur mit einem Lächeln auf den männlich markanten Lippen, sondern auch den folgenschweren Worten "Shop until you drop!".
Oder der knackigen Ansage: "it´s all your´s!".
Haaalt! Nicht so hastig! Nein, so direkt ist mir das letzte Woche nicht passiert. Keine Einladung zu einer Bücherorgie oder zu Freßkörben. Auch keine Einladung zum power-shopping a la Sex in the City. (Zur Zeit wäre es auch wenig sinnvoll, denn mit Louboutin Schuhen lässt es sich so schlecht gärtnern, und ein Chaneljäckchen eignet sich nicht wirklich für herbstbeseelte Kuschelabende vor dem Kamin.)
Also die Geschichte von Anfang an.
Ich habe mich im schönen Weimar 4 Tage lang im Rahmen eines großartigen Seminars mit dem Thema "SINN" beschäftigt. Da wurde wenig SINNloses, aber sehr viel SINNvolles vor uns ausgerollt wie ein bunter Teppich. Die Frage nach SINNvollem Tun IM Leben, die Frage nach dem SINN DES Lebens wurde beleuchtet, hinterfragt, empirisch belegt und analysiert. Ganz ehrlich? Es war einfach der WahnSINN.  Soviel Input hat auch Spuren hinterlassen. Vor allem im Gesicht, denn die Nächte waren ultrakurz und wodkafeige geschwängert. "Alles ist ultra", hätte der Herr Goethe vielleicht dazu gesagt.
Am letzten Tag saß ich jedenfalls ultramüde von viel Begegnung und Berührung beim sogenannten latelunch.
Ich hatte mir als eine der ersten einen der runden Tisch gekrallt. Weil es mir immer diebischen Spaß macht, eine neue Tischrunde zu eröffnen, um mich dabei überraschen zu lassen, mit was für Tischnachbarn auf Zeit ich gesegnet werde oder auch nicht.
Und da kamen die ersten Kandidaten. Tätterätää! Und? Sie wichen meinem müden Ich aus und platzierten sich bei frischerem Gemüse. Hätte ich auch gemacht...
Überall war Aktion.
Man verabschiedete sich wortarm und wortreich, tauschte Kärtchen in allen Farben und Formen aus, versprach sich ein baldiges Wiedersehen und ein "in-Kontakt-bleiben" und füllte dazwischen die leeren Speicher auf mit Salätchen und Süppchen und Brötchen. Die Tische füllten sich auch.
Und dann kamen sie zu mir, die ersten Stuhlbesetzer:  strickmusterartig blieben ein männliches, ein weibliches und dann wieder ein männliches Wesen an meinem Tische hängen. Letzterer - der Mann -ein reizender, warmherziger Mensch, mit dem ich schon einige spannende Worte während der vier Tage gewechselt hatte. Er trug ein Jackett mit farbigen Knöpfen an den Aufschlägen, was mein Künstlerherz vor Begeisterung hüpfen lies.
Und wer mich kennt, der weiß, dass ich in solchen Situationen mit Worten nicht geize und bei schönen Knöpfen und chicem Jackett schon mal laut ins Schwärmen gerate.
Das Ende vom Lied?
Der Mann greift sich in alle Taschen, leert diese vor sich aus. Die braunen Augen hinter den Gandhi Brillengläsern lächeln verschmitzt. Plötzlich sitzt er in blütenweißem Hemd da und reicht mir das Jackett quer über den Tisch.
"Hier, nimm!"
Er schenkt mir das schöne Stöffchen! Einfach so, spontan, mit einem bubenhaften Lächeln im Gesicht.
Was für eine gelungene Aktion! SINNvoll? Aber ja! Ganz nach meinem Geschmack! Begeistert nehm´ ich das Jackett in Besitz, zieh´es an, versinke darin und beschließe dann das Geschenk auch tatsächlich anzunehmen.
Er meint es ernst. Ich auch.
Der Knight sitzt nun da ohne shining armour, was seiner Ausstrahlung aber keinen Abbruch tut. Er grinst, ich grinse. Nur die Freundin verzieht die Mundwinkel sanft in die andere Richtung, denn an dem Jackett hängen mir leider unbekannte Erinnerungen. Doch es ist passiert, ein Zurück gibt es nicht. Ich tröste, denn noch besteht Hoffnung. Z.B., dass das Jackett dem Herrn des Hauses ja nicht steht.
Fröhlich ziehen wir später unserer Wege.
Ich in ein geschenktes Männerjackett gehüllt.

Und der Geschichte Schluss?

Das schicke Männersacko weilt inzwischen im sonnigen Florida!
Und umspielt ... des ursprünglichen Trägers breite Schultern.
Denn leider, leider hat das schöne Jackett dem Herrn des Hauses nicht gepasst.
Und in Florida sitzt jetzt vermutlich eine glückliche Frau neben einem wahrhaftigen knight.
In a shining armour - mit bunten Knöpfen.

Erstens kommt es anders... und zweitens als man denkt!


"...erstens kommt es anders..."
Hinterglasarbeit no.186 



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